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MANI – das Land der Blutfehden und Turmhäuser

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2021-05-17 2022-11-19 17.05.2021
Flomochori Mani 0001
Flomochori, Mani

Wenn man eine Rundreise durch die Mani unternimmt, wird man durch die hohen Wohntürme unweigerlich mit der wilden Geschichte des Landes konfrontiert. Die Wohnhäuser der Manioten wurden nämlich zu kleinen Festungen und Wehrtürmen ausgebaut, um sich verfeindeter Nachbarn genau wie zudringlicher Eroberer zu erwehren.

Vathia Mani 0040
Vathia Mani

Der Ort Vathia, der bekannt ist für Blutfehden zwischen verschiedenen Sippen, zeigt das besonders eindrucksvoll. 2 Clans sollen hier 40 Jahre lang Krieg mit etwa 100 toten Männern geführt haben. Für uns Nordeuropäer kaum vorstellbar, wie man unter diesen Bedingungen so lange im gleichen Ort leben konnte. Dies konnte auch nur funktionieren, weil jede Sippe separate Plätze im Ort und Wege auf eigenen Feldern hatte. Auch die Kirchen und Friedhöfe waren getrennt. Außerdem gab es Übereinkünfte und einen Codex. So ruhte die Blutrache bei der Aussaat, der Ernte, bei Hochzeiten, Beerdigungen und Taufen. Verfeindete Nachbarn konnten so Feld an Feld schweigend ihre Arbeit verrichten, um nach deren Beendigung sofort wieder zu den Waffen zu greifen. Nur unter dem Schutz eines neutralen Geleiters konnte man das Dorf für bestimmte Angelegenheiten verlassen. Dieser Ehrenkodex gab den Manioten ein Minimum an Existenzmöglichkeit. Und die Fehden endeten erst mit der Vernichtung oder der heimlichen Flucht einer Familie, selten mit einem Friedensschluss. Wenn sie aber von anderen Feinden (Piraten, Türken) bedroht wurden, ruhte die Blutrache und sie kämpften gemeinsam gegen den Außenfeind. So haben die Türken während ihrer langen Herrschaft über Griechenland in der Mani nie Fuß fassen können. Der gemeinsame Schutz vor den wirklichen Feinden war der eigentliche Vorteil dieser ungewöhnlichen Lebensgemeinschaft.
So wurden 1826, als die jungen Manioten vor Kalamata um die Befreiung Griechenlands kämpften, 7000 ägyptische schwerbewaffnete Soldaten des Ibrahim Pascha, die die vermeintlich ungeschützten Dörfer zerstören sollten, von den zurückgebliebenen Frauen und alten Männern empfindlich geschlagen. Diese besondere Tat wird noch heute in zahlreichen Liedern besungen. Der tägliche Umgang mit Piraterie, Kampf und Tod ist die Ursache für den unbändigen Freiheitswillen der Manioten. Selbst heute noch gelten die Manioten als wild, finster, unberechenbar und rachsüchtig, was sich in einer gewissen Skepsis und einer zurückhaltenden Gastfreundschaft gegenüber Fremden äußert. Aber auch die geographische Abgeschiedenheit und die Trockenheit, die eine Landwirtschaft nur an wenigen Orten ermöglicht, machen dieses Verhalten verständlich.
Die Geschichte des Alexis Sorbas ereignete sich hier und lieferte die Vorlage für den berühmten Roman von Nikos Kazantzakis. Sorbas Leitspruch „Das Leben lieben und den Tod nicht fürchten“ entsprach ganz dem maniotischen Lebensgefühl. Der Roman wurde mit Anthony Quinn und der Musik von Mikis Theodorakis auf Kreta verfilmt. Ich habe mir den Film, der mit 3 Oscars ausgezeichnet wurde, mehrere Male angesehen und war immer wieder von der Lebensart und Kultur der Griechen, die im Film zum Ausdruck kommt, berührt.